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SAMUEL HENNE

„Formationen“

22. Juni – 20.Juli 2013

In der Ausstellung „Formationen“ stellt der Foto-Künstler Samuel Henne drei unterschiedliche Werkreihen aus, die in Teilen auch im Februar/März 2013 im Kunstverein Hannover im Rahmen seiner Abschluss-Ausstellung zu sehen waren. Henne hatte hier als Preisträger des Kunstvereins Hannover ein zweijähriges Residenzstipendium inne.

In den Arbeiten der Werkreihe „monument“ überschneiden und ergänzen sich verschiedene Aspekte zweier Disziplinen, der Fotografie und der Bildhauerei. Monolithartige Felskonstrukte mit gold-schwarzer Patina bestimmen das Zentrum der Arbeit und sind gleichzeitig visueller Magnet. Henne inszeniert das Objekt, indem er Beleuchtung, Spiegelung und Perspektive so einsetzt, dass daraus ein imaginäres Kompositum entsteht, welches die Grenzen zwischen Tatsächlichem und Imaginärem, Bild und Abbild, Licht und Schatten auflöst. In der seriellen Abfolge der Arbeit und der variierenden Ausrichtung des Objektes auf einer konstruktivistisch-geometrischen Bühnenkomposition nimmt Henne Bezug auf grundlegende Fragen, die in der Geschichte der Skulpturenfotografie bereits Wölfflin und Rodin umgetrieben haben.

„Something specific about everything“, die zweite Werkreihe der Ausstellung, zeigt im Zentrum ihrer Motive alltägliche Gegenstände wie Papp- und Plastikbecher, Schraubzwingen, Zündhölzer oder weiße Farbrollen, die zu Objekt-Kompositionen zusammengefügt und über die Inszenierung wiederum als Teil der Gesamtkomposition ins Bild überführt werden: Das Alltägliche wird detailverliebt zur Skulptur stilisiert und in der Inszenierung zu einem Teil der Bildkonstruktion. Zwei horizontal unterteilte Farbfelder bilden im Bildraum den flächigen Hintergrund und stehen im Kontrast zum vormals plastischen Objekt. Die Ausleuchtung verhindert nahezu jede zusätzliche Form von Schatten, führt zur Abstraktion der Räumlichkeit und schafft somit eine grafische Bildanmutung.

„Musée imaginaire“ verortet sich als dritte Werkreihe offenkundig verstärkt kunstgeschichtlich. Henne erschafft in dieser Arbeit Bilder, indem er Seiten von ausgewählten Künstlerpublikationen und Sammelbänden zur Skulpturgeschichte fächerartig ineinander rollt und so raumgreifende Buch-Objekte schafft. Die bebilderten eingerollten Buchseiten lassen teilweise erkennen, dass es sich um Skulptur-Abbildungen von Künstlern wie Rodin oder Picasso handelt, schaffen jedoch gleichzeitig eine Brechung in ihrer Rezeption, die durch die horizontal erzeugte Fragmentierung zu einer Abstrahierung der fotografischen Abbildungen innerhalb der Buchseiten führt. Der Bildband der Skulpturen wird in der Aufrechtstellung selbst zur Skulptur innerhalb des Bildraumes, die fotografische Praxis geht in eine bildhauerische über und der Betrachter wird zum Zeugen einer Symbiose der unterschiedlichen künstlerischen Genres.

Eine weitere Betrachtungsebene und eine Inszenierung der Werke innerhalb des Ausstellungsraumes erzeugt Samuel Henne durch die zum Teil farbige Gestaltung der Ausstellungswände, aus der sich vitrinenartige Präsentationsflächen und angedeutete podestartige Einfassungen oder Nischen ergeben, wodurch wiederum ein scheinbar „bildhauerisches Umfeld“ erzeugt wird und die disziplin-übergeifenden Assoziationen zusätzlich evoziert werden.

Samuel Henne, geboren 1982, studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig und schloss sein Studium 2010 als Meisterschüler von Dörte Eißfeldt ab. Er lebt und arbeitet in Hannover.

 

Berthold Pott