Max Frintrop

MAX FRINTROP

Ich bin ein Bild

18 Nov 2021 – 8 Jan 2022

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Exhibition text English (German version scroll downwards)

Ich bin ein Bild

At the center of Max Frintrop’s exhibition are six large formats developed one after the other. From a formal point of view, these paintings captivate the viewer with an opposing oscillation between transparency and density. Impulsive settlements, which flow out lava-like on the white, neutral canvases, where they accumulate and darken or become more and more translucent in their watery loss of pigment density, create a complex pictorial tectonics. The formations, rich in contrast and executed in large sweeps, which the artist creates with extended brushes on the painting surfaces lying on the floor, appear as impenetrability without boundaries, but also as precise creations defined by sharp edges and recesses – at times counterpointed by splashes of paint placed over a wide area. While the exhibition also includes smaller paintings that demonstrate a more richly explored colorism, the six large formats exhibit a more restrained colorfulness or one that is focused on blue tones as well as attempts to follow an even more strictly oriented mode of execution.

The goal of the dynamic, also physically conditioned painting process is the creation of ever new constellations – without already tried and tested compositional patterns again and again, or only in minimal deviation. The image-making forces can be controlled only to a limited extent by the artist – who must rely on his intuition, or on the fact that the picture arises to a certain extent „out of itself“ – because the immediacy of the watercolor Alla Prima technique basically allows no subsequent corrections. 

If one deals with the historical derivation of Max Frintrop’s works, one can understand them as contemporary manifestations of gestural-abstract painting, which dominated the 1940s and 1950s – in America, but also in the form of a European reception. What distinguishes Frintrop’s painterly approach from this distant era of advanced postwar modernism is a painterly gesture that can be described as „airy“ and even „elegant“ compared to the more brute approaches of his „fathers“, or „grandfathers“. Certainly, one can speak of a connection to the painting tradition of the Rhineland, but Max Frintrop’s artistic products do not merge into the so called Informal painting of a Karl Otto Götz or into Sigmar Polke’s ironic-hallucinogenic color gradients. In contrast, Frintrop demonstrates a form of existence of color that seems to be possible in its intensity only in the 21st century.   

The existential aspect of Max Frintrop’s painting, by the way, already becomes clear with the exhibition title „I am a picture“, which is to be read in a differentiated way. In addition to an area of tension that opens up between pathetic self-assurance and succinct statement, the painting process itself is named as an existential one, and even the viewers can feel thrown back on the question of how their pictoriality is.

Thomas Groetz

Exhibition Text German

Ich bin ein Bild

Im Zentrum von Max Frintrops Ausstellung stehen sechs im Zusammenhang entwickelte Großformate. Formal betrachtet, bestechen diese Malereien durch ein spannungsreiches Changieren zwischen Transparenz und Dichte. Impulsive Setzungen, die lavaartig auf den weißen, neutralen Leinwänden ausströmen, dort akkumulierend eindunkeln oder aber in ihrem wässrigen Verlust an Pigmentdichte mehr und mehr durchscheinend werden, erzeugen eine komplexe Bildtektonik. Die kontrastreich in großen Schwüngen ausgeführten Formationen, die der Künstler mit Flächenbürsten auf den am Boden liegenden Malgründen entstehen lässt, erscheinen als nicht begrenzte Undurchdringlichkeiten, aber auch als präzise Gestaltungen, die durch Bruchkanten und Aussparungen definiert sind – zuweilen kontrapunktiert durch flächig gesetzte Farbspritzer. Während in der Ausstellung auch kleinere Gemälde zu sehen sind, die einen reichhaltiger ausgeloteten Kolorismus veranschaulichen, weisen die sechs größeren Formate eine eher zurückhaltende bzw. auf Blautönigkeit zugespitzte Farbigkeit auf und versuchen einem noch strikter ausgerichteten Gestaltungsmodus zu folgen.

Ziel des dynamischen, auch körperlich bedingten Malprozesses ist der Entwurf stets neuer Konstellationen – ohne bereits erprobte Kompositionsmuster wieder und wieder, oder nur in minimaler Abweichung durchzudeklinieren. Die Bildkräfte sind dabei vom Künstler – der sich auf seine Intuition verlassen muss, beziehungsweise darauf, dass das Bild zu einem gewissen Grad ´aus sich selbst heraus´ entsteht – nur bedingt steuerbar, denn die Unmittelbarkeit der aquarelligen Alla Prima-Technik lässt im Grunde keine nachträglichen Korrekturen zu. 

Beschäftigt man sich mit der historischen Ableitung von Max Frintrops Arbeiten, so kann man sie als zeitgemäße Erscheinungsformen der gestisch-abstrakten Malerei verstehen, welche die 1940er und 1950er Jahre beherrscht hat – in Amerika, aber auch in Form einer europäischen Rezeption. Was Frintrops malerischen Ansatz von dieser weit zurückliegenden Epoche der avancierten Nachkriegs-Moderne unterscheidet, ist eine malerische Gestik, die man im Vergleich zu den eher brachialen Ansätzen der ´Väter´, bzw. ´Großväter´ als ´luftig´ und selbst als ´elegant´ beschreiben kann. Sicherlich lässt sich von einer Anbindung an die Malereitradition des Rheinlandes sprechen, doch Max Frintrops künstlerische Erzeugnisse gehen nicht in der Informellen Malerei eines Karl Otto Götz oder in Sigmar Polkes ironisch-halluzinogenen Farbverläufen auf. Frintrop veranschaulicht demgegenüber eine Existenzform der Farbe, die in ihrer Intensität erst im 21. Jahrhundert möglich zu sein scheint.    

Der existenzielle Aspekt von Max Frintrops Malerei wird übrigens bereits mit dem differenziert zu lesenden Ausstellungstitel „Ich bin ein Bild“ deutlich. Neben einem sich hier eröffnenden Spannungsverhältnis zwischen pathetischer Selbstversicherung und lapidarem Statement wird der Malprozess an sich als ein existenzieller benannt, und selbst die Betrachter können sich auf die Frage zurückgeworfen fühlen, wie es um ihre Bildhaftigkeit bestellt ist.

Thomas Groetz